And the winner is .....

Mikalya Simpson a.k.a Koffee [1]

Mit regelmäßiger Wiederholung ist bei den Reggae Grammy Awards dann der Name eines Familienmitglieds des Marley Clans zu hören. Nicht so im – in vielen Aspekten – besonderen Jahr 2020. Denn am 26.01.2020 war es nun einmal anders und die Reggaegemeinde weltweit klatschte vor Freude in die Hände: Diesjährige Gewinnerin war die junge Sängerin Mikayla Simpson a.k.a. Koffee. Mit 19 Jahren sowohl die jüngste als auch die erste weibliche Preisträgerin in der Kategorie Best Reggae Album. Glückwunsch! Koffee, gebürtig aus einer Neighbourhood in Spanish Town, machte ihre ersten musikalischen Erfahrungen im Kirchenchor und erwarb sich selber die Kunstfertigkeit des Gitarrenspiels. In ihrer Schule, der Ardenne High School in Kingston, schnupperte sie dann im Abschlussjahr am Duft des Publikumsbeifalls. In 2016 gewann sie dort einen Talentwettbewerb, wo sie vor 1.000 begeisterten Hörer*innen sang. Fünf Jahre im Schulchor und der fürsorglichen Betreuung des Chorleiters brachten ihr kurz vor Schulende diesen wichtigen emotionalen Erfolg.

Ihre ehrfurchtsvolle und intelligente Hymne für die Legende Usain Bolt und der Song Burning machten sie dann in 2017 einem internationalen Publikum bekannt. Von da  ging es für Koffee beständig nach oben auf der Erfolgs- und Karriereleiter denn im Januar 2018 holte sie die Reggaelegende Cocoa Tea beim renommierten Rebel Salute Concert auf die Bühne. Mit den wenigen Songs in ihrem Portfolio konnte sie das kritische einheimische und internationale Publikum auf der Stelle begeistern. Jedermann*frau fragte sich: Wer ist diese Newcomerin?

Ich selber erinnere mich an den ersten Auftritt von ihr, den ich erleben durfte noch sehr genau: Am 08. Februar 2018 gab es ein Konzert am Wickie Wackie Beach. Es war schon spät in der Nacht, Chronixx gab eine ruhige Darbietung vor kleinem Publikum, die Show plätscherte vor sich hin und er sagte eine Sängerin mit Namens Koffee an. Ich dachte mir: „Na hoffentlich hat sie Koffein in der Stimme sonst bin ich bald raus“. Nach den ersten gesungenen Zeilen ihres Songs Raggamuffin hatten mich ihre variationsreiche Stimme und die positiven Lyrics in den Bann gezogen: One good thing about music, when it hits, you feel no pain.

Mit Chronixx und auch mit Cocoa Tea war sie dann in 2018 erstmals auch auf internationalen Bühnen vertreten, z.B. auf dem Rototom in Spanien. Ende 2018 erschien der Song Toast, an dem man in Jamaica in 2019 nicht vorbeikam. So auch nicht der Governor General (GG) Sir Patrick Allen, immerhin der höchste Vertreter des Staates, der auf der alljährlichen Veranstaltung Achievement Awards aus ihrem Song zitierte:

Blessings all pon mi life and,
Mi thank God for the journey,
The earnings are just fi di plus
(yeah)
Gratitude is a must (yeah)
Mi see blessings fall pon mi right hand,
Buss a toast fi di friends weh
tek off the heavy load

Sir Patrick Allen: „That says so much about what the Governor General’s Achievement Awards (GGAA) is about. Thank you, Koffee,”

Die Veröffentlichung der EP Rapture  für Columbia Records im März 2019 führte dann im November 2019 – mit zur Freude wahrgenommenen – Normierung für den Reggae-Grammy 2020 – neben alteingesessenen Reggae-Schwergewichten wie Third World (mit einem von Damian Marley mitproduzierten Album), Steel Pulse (und ihrer letzten Albumveröffentlichung in 15 Jahren), Sly and Robbie ... und Julian Marley. Der „musikalische Ritterschlag“ folgte dann, wie oben bereits erwähnt, im Januar 2020. Die erste weibliche Siegerin wurde in der jamaikanischen Gesellschaft und in weiten Teilen der Reggaegemeinde überaus positiv aufgenommen.

Drücken wir der jungen Künstlerin die Daumen, dass die Texte mit ihrer jugendlichen Perspektive und die erfrischende Musik sie auch in Zeiten von Corona und danach erfolgreich sein lassen werden. Eines ihres neuesten Lieder Lockdown stellt die richtige Frage: „Where will go, when the quarantine thing done and everybody touch road?

Karl-Olaf Kaiser

[1] https://www.originalkoffee.com/photos/,

 

Buju Banton back on stage!

Buju Banton ist wieder in Jamaika

Seit Dezember 2018 Buju Banton nach der Entlassung aus dem US-Amerikanischen Strafvollzug wieder in Jamaika ist, versuchte der in den 90iger Jahren erfolgreiche Reggae-Künstler wieder Anschluss an die Musik-Scene auf der Insel zu finden. Sein erster Auftritt am 16.März 2019 im ausverkauften National Stadium war mit einer Reihe von neuen Songs gleich wieder ein ganz großer Erfolg. Die 40 000 Fans feierten ihren Dancehall-Star wie in alten Zeiten. Bei der „Jamaican Festival Competition“ im Juli dieses Jahres konnte er sich mit seinem Lied „I am a Jamaican“ gegen viele Reggae-Helden durchsetzen. „I am a Jamaican“ – der Song ist mit Lyriks im Netz zu finden -  wurde von Banton im Stil der traditionellen erfolgreichen Festival-Reggae-Hits gestaltet.

Mit dieser Reggae-Scene kam Buju Banton, der 1973 in Kingston Down Town geboren wurde, schon als Jugendlicher in Berührung. Erste musikalische Erfolge stellten sich ein und brachten ihm 1992 sogar den Rekord für die erfolgreichste Single des Jahres vor Bob Marley ein. Viele nationale Auszeichnungen und erste internationale Anerkennungen folgten. Er selbst wandte sich in den folgenden Jahren der Rastafari-Bewegung zu und stellte vor diesem Hintergrund 1995 mit „Til Shiloh“ vielleicht eines seiner stärksten Alben vor. Mit seinem 1996 gegründeten eigenen Platten-Label begann sein Aufstieg zum gefeierten internationalen Dancehall-Star, einer Musikrichtung, die er genauso beherrschte wie den Roots-Reggae. Bei seinen Aufnahmen arbeitete er mit großem Erfolg mit allen zusammen, die in der Reggae-Scene Rang und Namen hatten. Neben seinen Konzerterfolgen unterstütze er aber auch eine ganze Reihe von Wohltätigkeitseinrichtungen.

Die von ihm und anderen Dancehall-Stars immer wieder verwendeten Texte zum Thema Gewaltkriminalität und Intoleranz („Hate-Speech“) führten aber zu einer zunehmend stärker werdenden Kritik von Kirchen, Bürgerbewegungen, Reggae-Fans, Veranstaltern und öffentlichen Einrichtungen, die schließlich 2007 in den „Reggae Compassion Act“ mündeten. Songs mit „Hate-Speech“-Inhalten – besonders auch Aufrufe gegen Homosexualität – kamen auf die „Rote-Liste“.  Buju Banton´s Song „Boom Bye Bye“, der bereits 1992 entstanden war und Gewalt gegen Homosexuelle beinhaltete, stand natürlich da ganz vorn auf der Verbotsliste (den Text möchte ich gar nicht zitieren, er ist im Netz zu finden). In der Folge waren viele Auftritte bei Konzerten und Festivals besonders in Europa für ihn nicht mehr möglich.  Warum sich dann der trotzdem noch erfolgreiche Künstler mit Drogenhändlern in den USA einließ, bleibt unverständlich. Einmal in den Fängen der US-Justiz gab es für die Beteiligung mit dem Handel von 5 kg Kokain kein Erbarmen. Nach dem Grammy-Award für das beste Reggae-Album 2011 musste er seine Haftstrafe antreten. Über die Haftbedingungen schweigt er sich aus. Sein Management nahm „Boom Bye Bye“ im Frühjahr 2019 von seiner Play-Liste und Buju Banton versicherte ohne Begründung, dass er das Stück nicht mehr spielen wird.

Der Restart 2020 wurde von der Corona-Welle wie viele andere künstlerische Projekte überdeckt. Trotzdem hat Buju Banton, bei aller Kritik eines der größten Reggae-Talente, eine Reihe von neuen Stücken produziert. Ob sie an die Erfolge der 90iger Jahre international anknüpfen können, bleibt abzuwarten.  

Info über Buju Banton bei Wikipedia

J. Wenzel